Lebensformtypen der Stechmücken

2020-08-12 17:55:00 / Zecken und Stechmücken / Kommentare 0

Lebensformtypen der Stechmücken

In Österreich sind ca. 40 Gelsen-Arten aus 6 verschiedenen Gattungen nachgewiesen. Sie unterscheiden sich zwar alle voneinander in ihrer Biologie und in ihrem Verhalten, jedoch gehören sie zu ein paar wenigen Lebensformtypen. Die Kenntnis dieser Lebensformtypen ist gerade deshalb wesentlich, weil man damit die jeweiligen Verhaltensweisen einfacher verstehen kann, eigene Strategien findet, wie man sich vor ihnen am besten schützen kann und wie man womöglich auch verhindert, dass sie sich unkontrolliert vermehren.

Entwicklungszyklus einer Gelse
Die Entwicklung von der Larve zur erwachsenen Gelse dauert ca. 20 Tage.

Überschwemmungs-Gelsen

Adulte Aedes vexans
(c) Centers for Disease Control and Prevention CDC

Die Gruppe der so genannten Überschwemmungs-Gelsen legt ihre Brut hauptsächlich in ausgetrocknetes Terrain von Überschwemmungsgebieten, wo die Gelege dann lange Zeit auf Wasser warten können. Unmittelbar nach dem Zurückweichen von einem Hochwasserereignis kommt es dann zu einer explosionsartigen und massenhaften Entwicklung dieser Gelsen. Als adulte fliegende Gelsen leben sie nur relativ kurz. Die Weibchen benötigen in dieser Zeitspanne aber Blut zur Reifung neuer Eier, und sie sind daher ungewöhnlich aktiv und lästig. Sie parasitieren an Amphibien, am Wild und wenn es Gelegenheit gibt auch an Menschen. Durch eigene Kraft wandern diese Gelsen nicht weit von den Brutstätten weg, jedoch können sie durch starken Wind passiv verdriftet werden und so auch in entfernte Siedlungen gelangen, wo sie dann kurzfristig nicht nur in der Dämmerung sondern auch tagsüber eine Plage sind. Von den Überschwemmungs-Gelsen überwintern nur die robusten Eigelege. Die Überschwemmungs-Gelsen dringen sehr selten in Gebäude ein. Die wesentlichen Arten sind Aedes vexans, Aedes (Ochlerotatus) sticticus, Aedes rossicus, etc.

Haus-Gelsen

Culex Pipiens

Ganz anders hingegen die Biologie der so genannten Haus-Gelsen: Die Weibchen überleben den Winter in der Natur in hohlen Bäumen und Erdlöchern; im Siedlungsbereich dringen sie dazu etwa in Häuser ein, um in Kellern oder in frostfreien Räumen zu überwintern. Sie sind es auch, die im Spätsommer und im Herbst das Einschlafen stören. Im darauf folgenden Frühjahr suchen die überwinterten Gelsen-Weibchen zum Ablegen der Eier kleine Wasseransammlungen in der Nähe des Winterschlafplatzes auf. Als "Brutgewässer" dienen ihnen dabei Regentonnen, wassergefüllte Altreifen, Vogeltränken, etc., aber auch die Uferbereiche von Teichen und stehenden Wassergräben. Ein Weibchen legt etwa 150 Eier, aus denen sich dann mehrere Generationen pro Jahr entwickeln können. Je nach Witterung kann ein solches Weibchen bis zum Ende der Saison theoretisch bis zu einer Milliarde Nachkommen haben. Für die Existenz von  Haus-Gelsen können Überschwemmungsereignisse zwar auch förderlich sein, sie haben sich jedoch zu klassischen Kulturfolger entwickelt, indem sie gerade mit den Verhältnissen einer Siedlung ihr Auslangen finden. Haus-Gelsenarten sind: Culex pipiens, Culex hortensis, Culiseta annulata, etc.

Fieber-Gelsen oder Malaria-Mücken

Anopheles stephensi
(c) Centers for Disease Control and Prevention (CDC)

Vom Lebensformtyp ähnlich wie die Hausgelsen sind die "Fieber-Gelsen oder Malaria-Mücken", Gattung Anopheles, denn man findet sie auch in menschlichen Bauten. Insbesondere suchen sie aber eher feuchte Räume und Tierställe auf, nicht nur um zu überwintern, sondern auch schon während der Sommermonate, etwa als Ruheplatz trächtiger Weibchen. Sie können in unseren Breiten auch Blutplasmodien (Malariaereger) übertragen. Dazu muss eine Anopheles-Mücke an einem bereits an Malaria erkranktem Menschen über dessen Blut die entsprechenden Stadien der Erreger aufnehmen. Wenn sich der Erreger-Zyklus in dieser Mücke durch eine längere witterungsabhängige Wärmeperiode vollständig entwickeln kann und sie dann wieder einen Menschen sticht, ist auch hierzulande eine Malariainfektion möglich. Die Anopheles-Arten können auch als Ei- oder Larvenstadien überwintern und sie bilden fallweise auch im Freiland große Bestände aus; oft als verspätete zweite "Plage-Welle" hinter den Überschwemmungs-Gelsen nach Hochwasserereignissen.

Invasiven-Gelsen

Aedes japonicus

In Mitteleuropa kommen in den letzten Jahren vermehrt die so genannten "Invasiven-Gelsen" vor. Das sind Gelsen-Arten, die man bisher nur aus südlich-tropischen Gegenden oder von Ostasiatischen Ländern her kennt. Über ihre Anpassung und ihre Lebensweise in unseren gemäßigten Breiten werden immer mehr Einzelheiten bekannt. So weiß man etwa von der Asiatischen Buschmücke (Aedes japonicus), von der auch in Südösterreich bereits ein Vorkommen nachgewiesen wurde, dass sie überaus hohe ökologische Toleranzen besitzt und durch ihre Robustheit sogar in der Lage ist, in der submontanen Zone der Alpen zu siedeln. Für die weltweite Verbreitung von tropischen Gelsenarten muss daher nicht der viel diskutierte Klimawandel verantwortlich sein, sondern die Ursachen liegen vielmehr auch im globalen Handel mit solchen Waren, in denen verschiedene Stadien dieser Gelsen eingenistet sein können und transportiert werden.

Quelle: Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, kurz AGES